Soziale Stadt Waldhäuser-Ost in Tübingen
Der Entwurf setzt sich mit seinem sehr prägnanten Lösungsansatz von den vorgefunden städtebaulichen Strukturen und dem bisherigen Geist des Ortes ab. Mit einer starken Intervention unter Verschiebung des südlichen Berliner Rings nach Norden werden eigenständige Blockrandstrukturen eingeführt, die die vorhandenen überdimensionierten Straßenräume des südlichen Berliner Rings um das Studierendendorf über eine nach Süden geöffnete Bebauung fassen. Diese Intervention wirkt weiterhin überraschend, zeigt aber auch ein Fremdeln der Entwurfsverfasser mit Vorgefundenem. So spricht aus dem Entwurf die Idee des Weiterbauens im Kontrast zum Bestand und eine klare andere städtebauliche Haltung. Die gewählte städtebauliche Grundkonfiguration ermöglicht in den Interventionsbereichen abwechslungsreiche und gut belebte öffentliche Räume, die aber in ihrer Ausformulierung weiterhin nicht in jedem Fall überzeugen. So wird die räumliche Fassung des Stadtplatzes kritisiert. Es kann nicht erkannt werden, dass die Platzränder ausreichend Stärke entwickeln, um sich gegenüber der Übermacht des zentralen Hochhauses zu behaupten. Auch das Angebot eines Spas am Hallenbad wird kontrovers in Bezug auf den öffentlichen Raum diskutiert. Der Ansatz über eine ergänzende Bebauung an der Kreuzung „Am Schönblick“ einen Stadteingang zu formulieren wird genauso gewürdigt wie die Überlegungen zu einer baulichen Vernetzung mit dem Technologiepark. Im inneren Bereich des Berliner Ringes arbeitet der Entwurf weiterhin mit wenigen, aber durchaus stimmigen hochbaulichen Setzungen wie einem Kinderhaus und Arrondierungen, die die Nord-Süd-Durchwegung stärken. Dieser freiräumliche Ansatz wird gewürdigt. Das vorhandene oberirdische KFZ-Parken soll zugunsten von Freiraumflächen zurückgedrängt werden, dies wird jedoch nicht nachgewiesen. Damit bleibt der Anspruch des Entwurfs der Weiterentwicklung von WHO von einer autogerechten zu einer Fußgänger- und Radfahrerstadt auf die teilweise Rücknahme der Verkehre und überdimensionierten Straßenräume in diesen Interventionsbereichen beschränkt. Bei diesem zurückhaltenden Ansatz im Inneren werden aber realistische Chancen zur baulichen Weiterentwicklung im Westen des Berliner Rings (Untersuchungsbereiche 6 und 9) nicht ergriffen. Zusammenfassend bleibt fraglich, ob dieser sich sehr vom Bestehendem absetzende Entwurfsansatz eine angemessene Antwort auf die zu lösenden Fragen in WHO darstellt, wenn gleichzeitig etliche aufgeworfene Fragen und Chancen im Bestand, wie beispielsweise Orientierung, Adressbildung und Entwicklungspotentiale unbeantwortet oder ungenutzt bleiben.