Neubau Landratsamt Landsberg am Lech

Entwurfsidee

Als Repräsentanz des Landkreises etabliert sich das Landratsamt als bewusste Großform in einem sehr heterogenen Vorstadtkontext von Industrie- und Gewerbebauten großer und architektonisch ungymnastizierter Körnung, zwischen Autobahn und vielbefahrener Stadtausfallstraße.• Der Solitär beschreibt einen großen, einseitig geöffneten Innenhof als geschützten (Lärm- und Schall-schutz) Eingangs- und Aufenthaltsbereich für die Bürger und die Mitarbeiter*innen.• Neben einem gewissen selbstbewussten Auftritt des Gebäudes an sich ist vor allem seine umgebende Grünanlage als „Botschafterin“ der Landschaften des Landkreises das vorrangige Merkmal dieses Entwurfs.

Städtebau

Das Landratsamt versteht sich als Solitär, was es in diesem gewerblichen Kontext „inhaltlich“ ja auch ist. Zwei Obergeschosse liegen frei über einem transparenten Landschaftsgeschoss, der Eingangsebene. Als leichter schwebender, rechtwinkliger Ring, beschreibt es einen großen, geschützten Innenhof in den von Westen die Landschaft von außen, vom Kreisel Am Penziger Feld/Münchner Straße nur leicht ansteigend, breit hineinfließt. Im Hof liegt der zentrale Eingang in das Amt, die Cafeteria, der Aufgang aus dem Parkgeschoss, etc, Eine große Linde und kleinere Vegetationselemente sorgen für angenehmes Klima und einen entspannenden Aufenthalt. Der Hof ist Schaufenster des Landkreises, seiner Landschaften und seiner Bürgerschaft.Die konzeptuelle Ausrichtung des vorliegenden Entwurfs, in der Grundstück und Gebäude Botschafter des Landkreises am Stadteingang der Kreisstadt sind, hat zur Konsequenz, unter Nutzung der topographischen Ausprägung des Grundstücks, möglichst nur Gebäude und Landschaft zu zeigen.

Architektur

Man müsste der Architektur an dem Ort einen großmaßstäblichen Behauptungswillen zubilligen. Und so versteht sich die Architektur als eine der Bürgerschaft des Landkreises. Sie erscheint transparent, offen, einladend, selbstbewusst. In der Eingangshalle ist Platz für Ausstellungen aller Art. Eine breite Treppe mit Sitzstufen führt ins erste Obergeschoss zum Sitzungssaal und lädt auch zu Vorträgen und Konzerten ein. Eine große Theke bietet Information. Der Sitzungssaal als Symbol der demokratischen Vertretung der Bürgerschaft, prägt den Eingangsbereich. Die Halle verbindet die drei Geschosse, Sichtbeziehungen sind möglich, geben schnelle und sichere Orientierung. Sie ist mit einem Nordlicht-Shed/PV(Süd) überdacht. Auf den 3 Geschossen liegen alle öffentlichen Abteilungen des Landratsamtes mit ihren „Köpfen“ und lichten Wartebereichen an der Halle.

Mitarbeit: Architekt AA Dipl. Jonathan Arkless und Architektin MA Vega Pérez-Lozao

Beurteilung durch das Preisgericht

In Anlehnung an das städtebauliche Leitbild für die Entwicklung „Am Penzinger Feld“ situieren die Verfasser*innen am Grundstück ein markantes Geviert in Verlängerung der geplanten Baufluchtlinie künftiger angrenzender Gewerbebauten. Im nahezu quadratischen Baukörper ist ein großer Innenhof ausgestanzt, die ringförmigen angeordneten Funktionen formen diesen durch Vor- und Rücksprünge nach Bedarf.

Dieser Entwurfsansatz wird unterstützt durch einen starken landschaftsplanerischen und zugleich städtebaulichen Gedanken: Das Landratsamt erfährt durch eine sanft verlaufende Anhebung des Terrains eine Sonderstellung Am Penzinger Feld, der Zugang über die organisch angeordneten Fußwege erfolgt dennoch barrierefrei. Diese Idee ermöglicht zwei weitere positive Aspekte; zum einen wird dadurch ein ebenerdiges Parkdeck generiert, zum anderen kann der neu gestaltete, parkartige Landschaftsraum mit seinen differenzierten Wegen und Baumpflanzungen über die im Erdgeschoss offene Westflanke bis ins Herz des Bauwerks, den Innenhof, geführt werden. Dieser gestalterische Clou lässt eine hohe Aufenthaltsqualität für Mitarbeiter und Kunden erwarten. Darüber hinaus stellt der „Klimawald“ im Osten des Grundstücks eine wesentliche Verbesserung des Landschaftsbildes am Ortseingang von Landsberg dar.

Über dem landschaftsverbundenen Sockelgeschoss lagern zwei Etagen, die ein homogenes und dennoch spielerisch wirkendes Fassadenbild bieten. Die Bänderung der Deckenvorsprünge, das Wechselspiel von Holzlamellen und Glasflächen prägen diesen unhierarchischen, lebendigen Eindruck. Im Innenhof setzt der Eingangsbereich mit dem darüberliegenden Sitzungssaal einen Akzent in der Fassadenabwicklung. Etliche Mitarbeiterbüros orientieren sich zum schallgeschützten Hofraum, ebenfalls profitieren im EG davon Cafeteria und Kantine mit ihren Terrassen.

Hinsichtlich Nachhaltigkeit setzt das Gebäude auf eine Holzskelettkonstruktion mit Holz-Verbunddecken, darüber hinaus werden für Fassaden und den Innausbau Holzelemente vorgesehen. Dadurch wird dem Wunsch biogene Baustoffe zu verwenden Rechnung getragen. Die Dachflächen werden mittels Photovoltaikanlage zur regenerativen Stromgewinnung genutzt, zusätzlich können sie begrünt werden. Die Fassade ermöglicht durch die Lamellenstrukturen sowohl eine Reduktion des Fensterflächenanteils als auch einen Schall-, Witterungs- und Einbruchschutz für natürliche Belüftung, auch Nachtlüftung. Damit wird der sommerlichen Überhitzung entgegengewirkt.

Was die Erweiterung anbelangt, ist diese ebenfalls als Hof-Typus angelegt – kleiner in der Dimension und abgesetzt mit einem Verbindungsgang. Dies erscheint sinnfällig und wird auch seitens der Bauherrschaft als praktikabel eingestuft.

Insgesamt lebt dieser Entwurf von der Symbiose Naturraum – Gebäude, betont zugleich seine funktionelle, städtebauliche Sonderstellung und bleibt dennoch einladend und bodenständig. Das Hereinziehen des Landschaftsraumes ins Gebäudeinnere wird zur Willkommen heißenden Geste und erzeugt im inneren des Hofs ein angenehmes Mikroklima. Mit diesem unaufgeregten und zugleich atmosphärisch aufgeladenen Haus mutet das Landratsamt bürgernah, mitarbeiterfreundlich und identitätsstiftend für den Ort an.

Auszeichnungen
  • 2. Preis
  • Nichtoffener Wettbewerb
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